Vom Wald das Beste. – Nationalparkregion Bayerischer Wald
Vom Wald das Beste: Biathlet Florian Graf

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Vom Wald das Beste: Biathlet Florian Graf

Hof/Eppenschlag/Ruhpolding. Einmal so richtig abschalten und seine Freizeit genießen, kann Florian Graf so gut wie nie. Nur wenige Tage im Jahr ist der Spitzensportler in seinem Elternhaus in Hof, einem Ortsteil der Marktgemeinde Schönberg, zu Besuch. Immer dann versucht er im Kreise seiner Familie die hektische Biathlon-Welt etwas hinter sich zu lassen. Regelmäßiges Training steht für den 29-Jährigen jedoch auch in dieser Zeit auf dem Plan, um sein konditionelles Niveau zu halten.

Vom Schönberger Idyll in die große Biathlon-Welt

Die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald, seine Heimat, dient dem Weltklasse-Biathleten dabei als Kraftquell. Nur mit der Ruhe und der Gelassenheit, die er mit diesem Landstrich verbindet, schafft er es den Druck, dem er als Athlet ausgesetzt ist, standzuhalten. "Diese beiden für Waidler typischen Charaktereigenschaften finde ich auch bei mir wieder", beschreibt Graf sich selbst. "Vor allem am Schießstand sind Ruhe und Gelassenheit sehr wichtig. Deshalb kommt mir meine Herkunft für den Biathlonsport zugute."

Dass Florian Graf über außergewöhnliches Talent verfügt und zu Höherem berufen scheint, erkennen nicht nur seine Eltern relativ früh, sondern auch seine ersten Trainer beim WSV Eppenschlag. Durch den Einfluss seiner älteren Geschwister Katharina und Markus landet er zunächst als Langläufer beim Wintersportverein, der im Bayerischen Wald als erste Anlaufstelle für ambitionierte Nachwuchssportler gilt. Später wechselt er dann zu den Biathleten. "Ich war eher der faule Typ - vieles ist mir einfach zugeflogen", erinnert sich Florian Graf an seine Anfangszeit. Zwar sei er schon immer gerne in der Natur unterwegs - freiwillige Trainingseinheiten gehören aber zunächst nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Vielmehr genießt er mit seinen Freunden die Freizeit im beschaulichen Örtchen Hof, ist ganz Kind bzw. Jugendlicher. "Als richtige Lausbuam haben wir so einiges angestellt, wir waren überall bekannt."

Kurze und prägnante Sätze, Antworten und Erklärungen, die sich auf das Wesentliche konzentrieren. Spricht Florian Graf über seine Biographie, seinen Weg von der Schönberger Idylle in den großen Biathlon-Zirkus, zeigt er sich genau so, wie es den Waidlern oftmals nachgesagt wird. Er selbst gibt zu, genau in diese Schablone zu passen. Durch seinen Aufenthalt im Berchtesgadener Skigymnasium, in seiner Trainingsgruppe und bei medienwirksamen Wettbewerben in vielen, meist nordischen Ländern, hat sich sein Auftreten im Laufe der Zeit verändert. "Irgendwie bin ich aber immer noch der Bub von nebenan", sagt er, grinst und verweist darauf, dass er in Hof immer noch herzlich gegrüßt wird, wenn er in seinem Auto mit Traunsteiner Kennzeichen durch den Ort fährt. "Klar werde ich auch von vielen Nachbarn gefragt, wie es im Weltcup so läuft - nach Großereignissen sowieso."

Im Juniorenbereich gehört Florian Graf zu den besten Nachwuchsbiathleten, wird Weltmeister in Canmore und Martell. Es scheint, als würde der Waidler ohne größere Probleme in die Phalanx eines Ole Einar Björndalen oder eines Michael Greiß vorstoßen. Doch im Gegensatz zu seinem Karrierestart im überschaubaren Eppenschlag und am Arber, wo er erste Stehversuche auf Langlaufskiern und mit dem Gewehr absolviert, ist er nun mittendrin in der "Knochenmühle" Leistungssport. "Es ist schon hart, den endgültigen Durchbruch zu schaffen", erzählt der Schönberger. "Man muss immer wieder seine Ergebnisse bestätigen, um überhaupt wahrgenommen zu werden." Nach seiner Schulzeit kann er sich im Förderkader des Zolls voll und ganz auf seine Karriere konzentrieren, gehört zur Ruhpoldinger Trainingsgruppe um den mehrfachen Weltmeister Simon Schempp. Im Weltcup startet er regelmäßig, ist aber nicht gesetzt. Sein großes Ziel: Eine Teilnahme bei den olympischen Spielen.

Große Wünsche, die große Opfer fordern. Während im Sommer gemeinsam trainiert wird, bleibt in den Wintermonaten jeder Biathlet überwiegend sich selbst überlassen. Jeder muss gute Leistungen erbringen, jeder will einen Platz im Kader, will bei Großereignissen vorne mit dabei sein. Herausforderungen, die Florian Graf eigenen Aussagen zufolge locker wegsteckt. "Viel schlimmer ist der Druck, den ich mir selber mache", gibt er offen zu. Sein Trainingsplan ist voll mit Konditionseinheiten und Schießübungen - und das nicht erst, seitdem er an der Weltspitze angekommen ist, sondern bereits seit seiner Jugendzeit. Trotz dieses eng getakteten Trainingsprogramms glaubt er jedoch nicht, etwas versäumt zu haben. "Sport füllt mich aus. Das ist mein Leben. Biathlon ist für mich mehr Hobby als Beruf."

Dass sich Biathlon mittlerweile zur Wintersportart Nummer 1 gemausert hat und sich diese Tatsache auch auf seinen Konto niederschlägt, ist für Florian Graf nebensächlich. Er verdient gutes Geld. Muss er seine Karriere irgendwann einmal beenden, ist er zudem durch seine Tätigkeit beim Zoll beruflich abgesichert. Kämpft er einmal nicht mehr um Weltcup-Punkte und Medaillen, kann er sich vorstellen, in seine Heimat zurückzukehren. Zeit im Bayerischen Wald verbringt er immer wieder gerne. Er ist von der Normalität der Menschen und der Schönheit der Umgebung rund um Lusen und Rachel angetan. Florian Graf kann dabei - als Quasi-Außenstehender - eine deutlich positive Entwicklung dieses Landstriches feststellen.

"Waidler sind Kämpfertypen, die niemals aufgeben"

"Das Image des Bayerischen Waldes hat sich verändert", ist er überzeugt. "Für Touristen wird dieses Gebiet immer interessanter - vor allem deshalb, weil sich auch die Infrastruktur geändert hat und wieder mehr Menschen dazu bereit sind, etwas zu investieren."

Waidler sind seiner Ansicht nach - bedingt durch die nicht immer einfache Vergangenheit - Kämpfertypen, die nie aufgeben. Wiederum eine Eigenschaft, die Florian Graf auf den Langlaufloipen und in den Schießstadien der Welt zugute kommt. Jubeln ihm in Biathlon-Hochburgen wie Ruhpolding oder Oberhof Zehntausende zu, ist es besonders wichtig, konzentriert zu bleiben. Kein Problem für den Schönberger. Er ist ruhig und gelassen - ein typischer Waidler eben.