Vom Wald das Beste. – Nationalparkregion Bayerischer Wald
Vom Wald das Beste: "d'Fuchs Anita aus da Mauth"

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Vom Wald das Beste: "d'Fuchs Anita aus da Mauth"

Mauth. Aufgeben war und ist für Anita Fuchs keine Option. Selbst in der wohl schwierigsten Zeit ihres Lebens richtete die 70-Jährige stets ihren Blick nach vorne. Optimismus ist seit jeher eine ihrer prägendsten Charaktereigenschaften. 2012 verstarb - völlig unerwartet - ihr Mann Alfons.
Ein Schicksalsschlag für die ganze Familie. Doch nicht nur im Privaten hinterließ der Ehemann und Vater eine große Lücke, auch im Gasthaus Fuchs, das die Familie seit einer halben Ewigkeit betreibt, fehlte der Wirt an allen Ecken und Enden. "Dennoch war für mich schnell klar, dass ich das Ganze alleine stemmen werde", blickt Anita Fuchs zurück. "Letztlich war das auch der Hauptgrund dafür, dass ich über den Schmerz hinweggekommen bin. Ich hatte schließlich eine Aufgabe, die mich voll in Beschlag genommen hat."

Die Mautherin sieht ihr Dasein als Dorfwirtin jedoch nicht als leidige Aufgabe, sondern vielmehr als Leidenschaft, als wichtigen Teil ihres Lebens. Mit ihrer unaufdringlichen Art, dem freundlichen Auftreten und ihrer geselligen Ader liebt sie es, ihre Gäste mit Getränken und selbst gekochten Spezialitäten zu umsorgen. Manch Gemeindebürger besucht das Gasthaus Fuchs aber nicht nur wegen seiner kulinarischen Feinheiten, sondern vor allem wegen seiner Wirtin. "Ja, einige Gäste gehören bei uns fast schon zur Familie", erklärt Anita Fuchs und schmunzelt. Schlagartig fallen ihr ein paar Personen ein, die ihre Feststellung bestätigen. Ein Ratsch geht immer, auch viele Problemchen werden der 70-Jährigen anvertraut. Dabei versucht sie oft zu vermitteln. Streitigkeiten jeglicher Art liegen ihr fern. "Ich bin sowas wie die Mutter Theresa für meine Stammtischler", sagt sie und lacht.

Ich bin sowas wie die Mutter Theresa für meine Stammtischler

Sie genießt die ruhigen Minuten mit ihren Stammgästen. Ab und zu zapft sie eine Halbe, der ein oder andere will eine kleine Brotzeit, es wird fleißig diskutiert und politisiert. Momente, in denen sich Anita Fuchs wohl fühlt. Momente, in denen sie den Alltagsstress vergisst. Denn es geht auch anders beim Fuchs: Geburtstagsfeiern, Taufen, Beerdigungen, Mittagstisch - oftmals herrscht hektisches Treiben im Mauther Traditionswirtshaus. Und gerade dann ist die 70-Jährige, die von allen nur liebevoll "Chefin" genannt wird, der ruhende Pol. Sie bedient, sie kocht, sie bereitet Getränke vor - es gibt nichts, wofür sich "d'Fuchs Anita" zu schade ist. Auch wenn es manchmal etwas später wird - gemütliche Runden bis 3 Uhr morgens sind keine Seltenheit - stellt dies kein Problem für sie dar. "Des macht nix  - dann schäng a ma a Apfelschorle ei und hea ea a weng zua. A Bier ha i na nia net meng."

Dass sie irgendwann einmal als Dorfwirtin hinter der Theke oder in der Küche stehen wird, war für die Mautherin nicht gerade vorhersehbar. Ihr Vater, der einen Holzwarenbetrieb führte, und ihre Mutter, Betreiberin eines Lebensmittelgeschäftes, wollten - trotz der schwierigen Nachkriegszeit - , dass aus ihrer Tochter, eine geborene Krickl, "ebbs wiad". Nach ihrer Volksschulzeit in ihrem Heimatdorf durfte sie deshalb die Handelsschule in Passau besuchen. Dort lebte sie in einem klösterlichen Internat. "Des hod ma scha daugt", blickt sie wohlwollend zurück. Nur unregelmäßig durfte sie ihre Eltern besuchen. Kein Problem für die junge Waidlerin - immerhin war sie in den damals nicht gerade selbstverständlichen Genuss einer beachtlichen schulischen Ausbildung gekommen. Dennoch stand für sie fest, dass sie nach ihrem erfolgreichen Abschluss in die Lusengemeinde zurückkehren möchte. Zu sehr hing sie an der Heimat.

"Da Alfons war mei Jugendliebe - und irgendwann hama dann g'heirat"


1964, mit 17 Jahren, nahm sie deshalb eine Tätigkeit als Bürodame im Sägewerk Hilz im nahegelegenen Neuhütte an. "Nicht unbedingt mein Traumberuf. Aber zunächst war es einfach nur wichtig, einen Job zu haben." Später wechselte sie zum Baugeschäft Binder nach Kreuzberg. Eine Konstante während dieser "Selbstfindungsphase" bildete schon zum damaligen Zeitpunkt ein gewisser Alfons Fuchs, Mitarbeiter in der Gemeindeverwaltung und Wirtssohn. "Da Alfons war mei Jugendliebe - und irgendwann hama dann g'heirat", erzählt Anita Fuchs und hält kurz inne. Vor ihrem geistigen Auge scheint sie sich kurz an diesen besonderen Moment zu erinnern. Das junge Glück mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann, die Geburt der Söhne Thomas und Bernhard - all das sind wichtige Eckpfeiler ihres Lebens, an die sie gerne zurückdenkt.

Noch als Büroangestellte half Anita Fuchs immer wieder ihrer Schwiegermutter im Wirtshaus aus. Nach deren Tod wusste die Familie Fuchs zunächst nicht so recht, wie es mit dem Gasthaus weitergehen soll. "Mein Mann war nicht so begeistert, als es geheißen hat, wir sollen den Betrieb übernehmen. Doch letztlich habe ich mich dann durchgesetzt." Sie gab ihre Arbeit auf und wurde Vollzeit-Wirtin, unterstützt von der ganzen Familie - Aufgeben gab es nicht. Das Wirtshaus blühte in der Folgezeit auf, selbst ein größerer Brand konnte diese Entwicklung nicht aufhalten. Sowohl die Einheimischen als auch "Fremde", wie man Urlauber damals noch bezeichnete, kamen gerne ins Wirtshaus. "Mia hama unsane Zimmer immer voi g'hod. Und de Leid hamd dann Vollpension meng."

Eine Aussage, mit der sich laut Anita Fuchs einer der größten Unterschiede zum heutigen Tourismus herauskristallisiert. Damals suchte man eine Herberge, am besten mit Küche - und blieb während seines Aufenthalts ausschließlich dort wohnen. Heute sei das Angebot größer, die Ansprüche der Gäste gestiegen. Kein großes Problem, wie die erfahrene Gastronomin erklärt, aber man müsse sich auf die neuen Bedürfnisse einstellen und eben mit der Zeit gehen. Deshalb begrüßt die 70-Jährige Neuerungen im Tourismus wie etwa den Tourismusverbund Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald, dem auch ihre Heimatgemeinde Mauth angehört. "Es kann doch ned jeda sei eigen's Suppal kocha", stellt sie fest. Näher möchte sie auf die Entwicklungen im Woid nicht eingehen - fürs touristische Fortkommen des Gasthaus Fuchs seien ohnehin ihre Söhne zuständig. Sie sei eher eine Frau der Taten, nicht der Worte.

Politik ist nicht das Lieblingsthema von Anita Fuchs. Fußball schon eher - vor allem der heimische TSV Mauth. Bereits in jungen Jahren habe sie auf dem Sportplatz ihrem späteren Mann - eine der prägendsten Persönlichkeiten der Vereinsgeschichte und Namensgeber des heutige Stadions - zugeschaut. Der "TSV" gehört seitdem zu ihrem Alltag - die Fußballer ("meine Buam") gehören zur Familie im weiteren Sinne. "Mi g'freids, dass' owei noch'm Training oder Speij za mia kemand", verdeutlicht Anita Fuchs ihre Liebe zum Verein. Leider bleibt wegen ihrer Arbeit im Wirtshaus oft nicht die Zeit übrig, um den Mauther Kickern vom Rand des Spielfelds aus die Daumen zu drücken. Ihr Herz schlägt rot-weiß. Und das bleibt so.
 

"Mama, mia kima des Wirtshaus ned zuamocha"

In Zukunft, nach dem Umbau des Gasthauses, will sie wieder häufiger live beim Fußball dabei sein. Sohn Bernhard, ein geschäftstüchtiger Apotheker, hat das Wirtshaus übernommen. Aufwendige Sanierungsarbeiten sollen den Startschuss in eine neue Ära geben. "Lang woid koa Bua s'Wirtshaus iwanehma", berichtet Anita Fuchs. "Und iatzt hod da Bernhard g'sogt: Mama, mia kima des Wirtshaus ned zuamocha. Des gfreid me narrisch." Trotz vieler Neuerungen sollen einige Dinge im Gasthaus Fuchs freilich so erhalten bleiben, wie man sie kennt - allen voran natürlich die personifizierte Konstante Anita Fuchs - mit ihrem sonnigen Gemüt sowie ihrer liebenswerten Art.